unselect [2019]

unselect

Ein Ausstellungsfestival vom 12. –21. Juli 2019 anlässlich der zehnjährigen kuratorischen Praxis der Kleinen Humboldt Galerie im Lichthof Ost

Ausgehend von dem alltäglichen und omnipräsenten Phänomen der Selektion thematisieren die zehn Ausstellungen des Festivals unselect die Dichotomie zwischen natürlichen Auswahlmechanismen und kulturellen Selektionsmustern. Durch physikalische Versuche und mathematische Modelle versucht der Mensch sich seine Umwelt zu erklären und dadurch greifbar zu machen. Die Evolutionstheorie mit dem von Charles Darwin geprägten Konzept der natürlichen Selektion stellt einen dieser Erklärungsversuche dar. Mit dem erheblichen Einfluss, den die Spezies Mensch auf den Planeten nimmt, ist er mit der Zeit ebenfalls zu einem entscheidenden Selektionsfaktor geworden. Denn durch die von ihm hervorgebrachte Kultur beeinflusst der Mensch die Auswahlmechanismen der Natur und schafft somit Parallelgesetze, die den Rahmen abstecken, in dem eine andere, kulturell bedingte Selektion zum Tragen kommt. Beispiele hierfür sind Wissensaneignung, Ernährungsweisen, spezifisches Milieuverhalten, der Umgang mit Medien sowie ein Streben nach Effizienz. Sei es der Algorithmus im Internet, der unsere Suche vorbestimmt, die auf uns zugeschnittene Werbung, die Partnervorschläge auf Tinder oder das Warensortiment im Supermarkt – unsere Umwelt ist von menschengemachten Vorauswahlen durchzogen. Dabei bedeutet zu selektieren, Einfluss zu nehmen und die Welt in der wir leben mitzugestalten: durch die Angebote, die uns zur Verfügung stehen, die Nachrichten, die verbreitet werden oder die Kunst, die wir ausstellen.

Die Dichotomie von natürlicher und kulturell bedingter Selektion generiert ein Spannungsfeld und fordert einen Diskurs. Tägliche Schlagzeilen führen uns dies vor Augen: von selbstfahrenden Autos – die Notwendigkeit menschlicher Aufmerksamkeit obsolet machend – bis hin zur Debatte über den Kohleausstieg, in welcher die Bedürfnisse des Menschen und des Planeten parallel verhandelt werden. Aus diesem aktuellen Moment der Spannung zwischen Mensch und Natur heraus wird unselect verschiedene Aspekte des Phänomens der Selektion thematisieren und Fragen aufwerfen: In welchen Lebensbereichen begegnen uns Selektionsmechanismen? Handelt es sich dabei immer um Gegenpole oder können sie in Einklang gebracht werden? Ist es möglich, sich Selektionsmustern zu entziehen? Und was bedeutet es, nicht zur „Auslese“ zu gehören?

Mit ihren in der Stadt verteilten Lehrorten, ihrer Sammlungstradition und Forschungsgeschichte sowie ihrer Verflechtung von Wissenschaft und Kunst bildet die Humboldt-Universität zu Berlin den Rahmen für das diesjährige Ausstellungsfestival der Kleinen Humboldt Galerie. An zehn unterschiedlichen Orten, von dem im 18. Jahrhundert erbauten Hauptgebäude Unter den Linden und einem jahrelang stillgelegten Hörsaal der Charité, bis hin zu den kaum bekannten Gewächshäusern in Dahlem, werden hier künstlerische Arbeiten gezeigt. Diese verhandeln durch Formen der Kunst wie Skulptur, Performances, Rauminstallationen, Sound- und Videoarbeiten das Thema der Selektion aus unterschiedlichen Perspektiven, machen es für die Besucher*innen erfahrbar und regen zum Diskurs an.

Während die Ausstellung im Hauptgebäude, anknüpfend an die 10-jährige Tradition der Kleinen Humboldt Galerie im Lichthof Ost, einen Monat lang zu sehen sein wird, finden anlässlich dieses Jubiläums an neun anderen Orten für die maximale Dauer von einem Tag weitere Ausstellungen statt. Ein Vermittlungsprogramm bestehend aus Workshops, Führungen und Vorträgen wird die Besucher*innen darüber hinaus anregen, sich mit dem Thema der Selektion kritisch zu beschäftigen.

Nach oben scrollen